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Wie der Ukraine-Krieg die Stadt Hof verändert hat

Seit einem Jahr ist Krieg in der Ukraine. Der Angriff Russlands wirkt sich weiterhin stark auf die Stadt Hof aus.

Aktuell befinden sich 1450 gemeldete Ukrainerinnen und Ukrainer in der Stadt Hof und 890 im Landkreis. Seit einem Jahr helfen Menschen denjenigen, die vor Bomben und Tod geflohen sind. „Als im Frühjahr 2022 die ersten Flüchtenden aus der Ukraine in der Stadt ankamen, war für uns Hoferinnen und Hofer klar: Wir helfen. Und das stellt uns bis heute vor riesige Herausforderungen“, so Oberbürgermeisterin Eva Döhla. Mit dem Krieg ist eine ungeheure Mehrbelastung auf die Fachbereiche zugekommen, die durch jedes weitere katastrophale Ereignis, ob Erdbeben oder Energieknappheit, weiter verschärft wird. Wochenendarbeit, Überstunden und zusätzliche Schichten haben sich in Anbetracht der schon vor der Krise bestehenden prekären Personallage in der Stadtverwaltung weiter erhöht. Angefangen beim Fachbereich Jugend und Soziales und der Ausländerstelle, die die Flut der Anträge auffangen mussten, über den Bereich Sicherheit und Ordnung, der sich zusammen mit anderen Hilfsorganisationen um die Unterbringung kümmern musste, bis zum Sachgebiet Personal. Bis heute muss die Ausländerstelle weitreichende Entscheidungen treffen, was dringend ist und was zurückgestellt werden kann. Sollen zum Beispiel zunächst die Aufenthaltstitel der Ukrainerinnen und Ukrainer verlängert werden oder kümmert man sich um die Familienangehörigen, die aus dem Erdbebengebiet nach Hof kommen, vieles muss gleichzeitig passieren.

Trotz der Erfahrung aus früheren Jahren musste in der ersten Zeit zunächst kanalisiert und geordnet werden. Plötzlich mussten über tausend Personen zusätzlich erfasst werden. Schnell fand sich mit der Jugendherberge eine Räumlichkeit, die groß genug war und vor allem die Infrastruktur für das tägliche Leben bereitstellte. Dort fanden Menschen ohne Wohnmöglichkeit ein vorübergehendes Zuhause. Diese haben alle durch Unterstützung von Ehrenamtlichen und Vermittlung durch die Stadt Hof eine eigene Wohnung gefunden. Integration, Wohnraum und Job, diese Themen standen am Anfang des Krieges noch nicht im Zentrum der Maßnahmen. Hier ging es erst einmal um ganz praktische Fragen, wie Übersetzung, Verpflegung und Sprachkurse. Anträge mussten ausgefüllt werden, Begleitungen zum Arzt oder zu den Behörden organisiert werden. Der Fachbereich Jugend und Soziales hat hier Außergewöhnliches geleistet. Schritt für Schritt wurden Abläufe gefestigt und die Arbeit mit ehrenamtlich Helfenden wurde professionalisiert. 

Eine weitere wichtige Schlüsselrolle übernahmen die Integrationslotsinnen der Diakonie Hochfranken Bärbel Uschold und Hanna Vinichuk. „In meiner jahrelangen Arbeit in der Integrationsarbeit vor Ort und im Austausch mit meinen KollegInnen in Bayern kann ich die Zusammenarbeit zwischen den Verwaltungen in Stadt und Landkreis als ausgesprochen gut bewerten“, fasst Bärbel Uschold, Integrationslotsin für die Stadt Hof, ihre Arbeit im vergangenen Jahr zusammen. Auch Hanna Vinichuk, Integrationslotsin für den Landkreis, weist auf die niederschwellige Bereitschaft zu helfen hin, die zwischen den Wohlfahrtsverbänden, den Institutionen und ehrenamtlichen HelferInnen bestehe. Bürokratische Hürden oder wirtschaftliche Vergleiche träten in den Hintergrund. Ebenso sei der Austausch auf politischer Ebene von Anfang an solidarisch und pragmatisch gewesen. „Ab Tag eins des Ukraine-Krieges bis heute sitzen alle relevanten Entscheidungsträger in einer regelmäßigen Konferenz. Mit den Erfahrungen aus der Syrien-Krise 2015 sind wir viel näher zusammengerückt“, so Hanna Vinichuk weiter. Die beiden Integrationslotsinnen heben ihre Arbeit über den Tellerrand. Sprichwörtlich. Denn die Initiative „Über den Tellerrand“ bringt Flüchtende und Hofer kulturübergreifend zusammen. Hier wird in vielen Einzelaktionen zusammen gekocht und so ein unkompliziertes Miteinander geschaffen. In vielen anderen Initiativen werden beispielsweise Wollsocken produziert, Märchen vorgelesen oder Deutsch geübt. Da sitzen Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammen, damit sich eben nicht, wie es in vielen Großstädten zu beobachten ist, Randgruppen bilden, die unabhängig voneinander bleiben.

Was hat sich verändert in der Stadt seit Beginn des Krieges? Zwei hauptamtliche Mitarbeiterinnen kümmern sich in enger Zusammenarbeit mit den Integrationslotsinnen um die Koordination der Hilfen. Sie stellen die Schnittstelle zwischen Ehrenamt, Hauptamtlichen, den Diensten der Wohlfahrtseinrichtungen und weiteren Netzwerkpartnern dar. Mithelfende, die sich freiwillig und unentgeltlich engagieren, sind seit Beginn der Krise professionell eingebunden. Unter anderem koordiniert eine Mitarbeiterin aus dem Fachbereich Demografie und Migration der Stadt einen ehrenamtlichen Übersetzerpool, der in den Ämtern wie Asylstelle, Ausländeramt, Einwohnermeldeamt und Sozialhilfe Unterstützung bietet. Innerhalb von 14 Tagen wurde vom Fachbereich Demografie und Migration ein ehrenamtlicher Übersetzerpool organisiert, der die Öffnungszeiten des Einwohnermeldeamts sowie der Asylstelle komplett abdeckte, damit eine möglichst schnelle und effektive Bearbeitung aller Fälle sichergestellt werden konnte. Dieser Dienst wurde über mehrere Monate aufrechterhalten. Einige Ehrenamtliche sind in den bestehenden Sprachmittler-Pool der Stadt Hof aufgenommen worden, um auch so die Unterstützung in den Behörden, aber auch Schulen und Kitas zu ermöglichen.

Weiterhin steht die Integreat-App als Gemeinschaftsprojekt von Stadt Hof, Landkreis Hof sowie der Diakonie Hochfranken den Geflüchteten mit Informationen und einer Wohnungsbörse zur Verfügung. Bei der Volkshochschule Hofer Land sind etwa 800 Ukrainer für Sprach- und Integrationskurse angemeldet. Darüber hinaus gibt es weitere Sprachangebote, zum Beispiel im Internationalen Mädchen- und Frauenzentrum der EJSA. Die Stadt Hof hat über das Projekt „Kita-Einstieg Stadt Hof“ eine zusätzliche Fachkraftstelle geschaffen. Das Projekt unterstützt Kinder und deren Eltern bei der Integration. „Kita-Einstieg – Brücken bauen für frühe Bildung“: So heißt das Programm, das eine große Zahl der Flüchtenden betreut. Darin werden alle Familien unterstützt, die einen Kita-Platz suchen, und dadurch haben zahlreiche ukrainische Kinder einen Platz erhalten. Angelegt ursprünglich für Kinder, die nach der Flüchtlingswelle 2015/16 in der Stadt Hof ankamen, stellt es eine wichtige Hilfestellung für die ukrainischen Kinder und deren Mütter dar. Für Lisa Kreissl, Koordinatorin für Migration und Integration der Stadt Hof, steht fest: „Die Zusammenarbeit der Integrationslotsinnen und der Stadt Hof ist vorbildlich und bringt die Interessen von Behörden, Einrichtungen, Fachkräften, Ehrenamtlichen und Geflüchteten zielgerichtet und bedarfsorientiert zusammen. Nur so konnten und können wir so schnell handeln.“ Anders als im Landkreis besitzt die Stadt einen eigenen Fachbereich für Migration und Integration mit zwei Vollzeitkräften. Es wurden innerhalb kürzester Zeit weitere Mitarbeiter herangezogen, die sich um das Thema Wohnraum gekümmert haben.

Der Zuzug von Flüchtenden in die Stadt Hof reißt nicht ab. Die anfänglichen Schwierigkeiten im Prozess lagen daran, dass die Stadt weitaus mehr Flüchtlinge aufgenommen hat, als laut bundesweitem Verteilungsschlüssel vorgesehen sind. Mit 148 % Überquote liegt Hof bayernweit an der Spitze. Dank der in Hof bestehenden vergleichsweise großen Gemeinschaft von Ukrainerinnen und Ukrainern organisieren sich die Menschen untereinander zum Beispiel über soziale Netzwerke oder nutzen ihre verwandtschaftlichen Beziehungen. Zwei Jahre können die Menschen aus der Ukraine in Deutschland bleiben: am Vereinsleben teilnehmen, Deutsch lernen und arbeiten. Das ist eine Perspektive. „Zuwanderung ist kein Nischenthema, und eine Krise wie die in der Ukraine kann als Katalysator wirken, das Thema weiter oben auf der politischen Agenda zu platzieren“, resümiert Eva Döhla das Jahr. „Es haben sich Bedarfe gezeigt in dieser Zeit. Zum Beispiel haben sich durch den Zuzug der Menschen die Anforderungen an den öffentlichen Personennahverkehr erhöht. Bustickets und Anbindungen zwischen Stadt und Landkreis sollten einheitlich, erschwinglich und leicht verständlich sein. Viele Themen meiner täglichen Arbeit bekommen durch die Integrationsarbeit eine besondere Relevanz.“ Für die hier lebenden Menschen aus der Ukraine spiele natürlich auch der Gedanke an eine Rückkehr eine große Rolle. Doch wann dieser Krieg enden werde, sei schwer abzuschätzen, so Eva Döhla abschließend.

Bevorstehende und fortlaufende Initiativen der Stadt zusammen mit Wohlfahrtsverbänden und ehrenamtlichem Engagement (Auswahl):