Kriegsende in der Stadt Hof
Das Jahr 1945 markiert einen tiefgreifenden Einschnitt in der Weltgeschichte. Der Einmarsch der US-Truppen am 15. April beendete die nationalsozialistische Herrschaft in der Stadt Hof, leitete den Wiederaufbau ein und markierte den Beginn eines neuen Kapitels.
Spuren der Vergangenheit
Die Erinnerung an die Schrecken des Zweiten Weltkriegs ist von besonderer Bedeutung. Nationalistische Tendenzen, Krieg in Europa sowie gesellschaftliche Spaltungen mahnen uns, dass Frieden und Demokratie keine Selbstverständlichkeiten sind. Die Menschen in Hof erlebten in jenen Tagen hautnah, was Krieg bedeutet: Bombennächte, Hunger, Zerstörung, Angst vor den einrückenden Truppen – aber auch die Hoffnung auf einen Neuanfang.
Dass die Vergangenheit noch immer Spuren hinterlässt, zeigte sich im vergangenen Jahr, als eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg in Hof gefunden wurde. Die Gefahr war real: Die Evakuierung des Bahnhofs, eines großen Einkaufsmarktes und möglicherweise des nahegelegenen Krankenhauses standen im Raum. Zum Glück konnte die Bombe entschärft werden, doch dieser Fund war eine eindringliche Erinnerung daran, dass die Geschichte nicht abgeschlossen ist.
Der Vormarsch der Alliierten
Mit der alliierten Landung in der Normandie im Juni 1944 begann der Vormarsch der US-Truppen durch Frankreich und Deutschland. Bis März 1945 hatten sie den Rhein überschritten und stießen tief in Süddeutschland vor. Die 3. US-Armee unter General George S. Patton bewegte sich rasch nach Osten, mit dem Ziel, Bayern zu besetzen. Anfang April erreichte die 90. US-Infanteriedivision die Saale-Region. Der Weg nach Hof war nun offen.
„Von Mitternacht bis 6 Uhr 45 donnerten Kraftfahrzeuge und benötigte Waffen über die Brücke bei Blankenstein. Der Angriff auf Hof war dem 3. Bataillon des 358. Infanterieregiments befohlen worden.“ (Quelle: US-Berichte über den Einmarsch in Hof, 15. April 1945).
Von Februar bis April 1945 wurde Hof mehrfach Ziel alliierter Luftangriffe. Neben gezielten Bombardierungen auf Bahnanlagen und Industriebetriebe ereigneten sich auch Angriffe auf zivile Gebiete. Für den Zeitraum vom 15. Februar bis zum 7. April 1945 meldete der Hofer Anzeiger einen Tieffliegerangriff auf das Gebiet der Schützenstraße, bei dem mehrere Soldaten ums Leben kamen. Akten vermerken zudem einen Angriff am 5. April 1945 zwischen 13:40 Uhr und 15:10 Uhr, dessen genaue Auswirkungen nicht dokumentiert wurden. Es könnte sich um Begleitjäger gehandelt haben, die auf der Suche nach Bodenzielen zur „freien Jagd“ entlassen wurden. (Quelle: Jörg Wurdack, Militärgeschichte der Stadt Hof)
Der verheerende Angriff vom 8. April 1945
Am 8. April 1945 wurde Hof zu einem Hauptziel der US-amerikanischen Luftstreitkräfte. Im Rahmen der endgültigen Zerstörung des deutschen Transportsystems flogen die Luftstreitkräfte der Amerikaner gezielte Angriffe auf die Reichsbahnanlagen in Hof. Laut den Flugberichten war dieser Angriff Teil einer Mission, bei der 101 Boeing B-17 Bomber das Eisenbahngelände in Hof attackierten. Unterstützt wurden sie von P-51 Mustang-Jägern.
Luftalarm wurde erst ausgelöst, als die ersten Rauchmarkierungen der Pfadfinder-Flugzeuge über dem Zielgebiet gesetzt wurden. Viele Menschen versuchten, sich aus dem völlig überfüllten Hauptbahnhof in Sicherheit zu bringen. Auf dem Weg zum Alsenberger Tunnel, der als behelfsmäßige Luftschutzdeckung dienen sollte, wurden nahezu hundert von ihnen durch Bomben getötet. Der Hauptbahnhof, die Betriebswerke und die Gleisanlagen wurden weitgehend zerstört. Besonders stark betroffen waren die umliegenden Straßenzüge – in der Theresienstraße, Sophienstraße und Bahnhofstraße wurden zahlreiche Gebäude vernichtet.
Die Bilanz dieses Tages war erschütternd: 244 Zivilisten und 68 Soldaten kamen ums Leben, 80 Gebäude wurden völlig zerstört, 140 weitere schwer beschädigt. Die Hauptwasserleitung von Zobelsreuth in die Stadt wurde beschädigt, wodurch große Teile Hofs bis Ende April ihr Trinkwasser aus Brunnen holen mussten. (Quelle: Jörg Wurdack, Militärgeschichte der Stadt Hof)
Nach dem Angriff kam es in der Stadt zu ersten Plünderungen, vor allem von Postsendungen, die in den Trümmern des Bahnhofs umherlagen. Die Aufräum- und Bergungsarbeiten dauerten bis zum 15. April 1945 an, während die letzten Bombenopfer unter den Trümmern in der Theresienstraße 1 und 4 sowie in der Königstraße 26 erst Anfang Mai 1945 geborgen wurden. Neben der Hofer Feuerwehr waren Werksfeuerwehren, Reservebereitschaften der Landkreise und eine Luftschutzabteilung der Luftwaffe im Einsatz. Unterstützung kam auch von der Berufsfeuerwehr Offenbach am Main, die aus Offenbach evakuiert worden war. (Quelle: Jörg Wurdack, Militärgeschichte der Stadt Hof)
Das Ende
Vor 1945 war Hof eine mittelgroße Industriestadt mit florierender Textilproduktion und einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt. Die Bevölkerung erlebte in den letzten Kriegsjahren zunehmende Einschränkungen durch Rohstoffmangel und Bombenalarme. Trotz der aus deutscher Sicht schwierigen militärischen Lage blieb Hof lange Zeit weitgehend unzerstört, da es kein vorrangiges Ziel alliierter Luftangriffe war.
Doch die Stadt wurde früh von den Kriegsverwerfungen erfasst. Bereits kurz nach Kriegsbeginn trafen die ersten Zwangsarbeiter ein. Sie arbeiteten vor allem für die Reichsbahn und in Rüstungsbetrieben, die in ehemaligen Textilfabriken untergebracht waren. Bis Herbst 1944 stieg die Zahl der Fremdarbeiter auf rund 1750 Personen. Auch das SS-Hauptzeugamt betrieb einen Rüstungsbetrieb in der Porzellanfabrik Moschendorf. Dort wurden 100 Häftlinge aus dem Konzentrationslager Flossenbürg als Zwangsarbeiter eingesetzt. Vier Todesfälle in diesem Außenlager sind dokumentiert. Nach einem Evakuierungsmarsch kamen Mitte April 1945 noch 42 Überlebende im KZ Dachau an. (Quelle: Axel Herrmann, Kleine Hofer Stadtgeschichte)
„Wir wussten, dass der Krieg verloren war, aber in Hof ging das Leben irgendwie weiter – bis die ersten Bomben fielen.“ (Zeitzeuge Karl M., Stadtarchiv Hof).
Im April 1945 war der Krieg für Deutschland bereits entschieden. Am 14. April überquerten amerikanische Truppen die Saale nördlich von Hof und stießen auf letzten Widerstand deutscher Truppen. Die Stadt wurde am 15. April eingenommen, nachdem einzelne Kampfhandlungen schnell niedergeschlagen wurden.
„Sie kamen über Köditz, mit ihren Panzern und Jeeps. Es gab noch Schüsse aus den Fenstern, aber es war sinnlos. Dann standen sie vor dem Rathaus“ (Zeitzeuge Hans L., Stadtarchiv Hof).
Mehr als 1000 deutsche Soldaten wurden in der Region gefangen genommen. „Die Deutschen starteten einen wackeren Kampf mit Maschinengewehren und Panzerfäusten, aber es war nutzlos. Sie wurden in einem immer kleineren Gebiet von Hof eingekreist“ (US-Bericht über die Einnahme von Hof, 15. April 1945).
Die Brücken in Hof spielten in den letzten Kriegstagen eine entscheidende Rolle. Die Eisenbahnbrücke in Unterkotzau war Ziel eines alliierten Bombenangriffs am 12. April, hielt jedoch stand. Stattdessen forderte die Attacke fast 100 Todesopfer, darunter viele Kriegsgefangene. Auch die Saalebrücken wurden strategisch wichtig: Die US-Truppen überquerten sie am Nachmittag des 15. April, um die Stadt endgültig unter Kontrolle zu bringen. (Quelle: Jörg Wurdack, Militärgeschichte der Stadt Hof)
Der Anfang
Bald nach der Besetzung klebte in Hof die erste Proklamation General Eisenhowers an den Häusern: „Die Alliierten kommen als Sieger, aber nicht als Unterdrücker.“ Eine der ersten Amtshandlungen der Militärregierung war die Einsetzung von Dr. Oskar Weinauer als neuen Oberbürgermeister. Der Rechtsanwalt hatte zahlreichen Menschen gegen den Unrechtsstaat geholfen und dafür noch in den letzten Kriegstagen seine Einlieferung in das KZ Dachau riskiert. Doch in den ersten Wochen nach der Befreiung dachten die Menschen in Hof mehr ans Überleben als an einen demokratischen Neubeginn. Lebensmittel waren knapp, Brennstoff war kaum vorhanden. Die Hofer erhielten pro Woche zwei Pfund Brot und 200 Gramm Fleisch oder Wurst, Kartoffeln waren fast aufgezehrt. Die Hungerrationen besserten sich lange nicht, die Kalorienzahl erreichte erst im Mai 1947 ihren Tiefpunkt.
Auch die Wohnsituation verschärfte sich: Zwar waren nur 4,5 % des Wohnungsbestandes zerstört, doch mit dem Zustrom von etwa 18.000 Flüchtlingen und Heimatvertriebenen waren die Reserven schnell erschöpft. Zusätzlich gab es massive Engpässe bei der Trinkwasserversorgung, da die Infrastruktur nur für höchstens 35.000 Menschen ausgelegt war. „Wir erfrieren im Land der Kohle“, notierte der Schriftsteller Heinrich Jahn 1945. „Die Gesichter und Hände sind blau vor Frost. Manchmal machen wir Freiübungen. Wie soll man in der Kälte schreiben, denken?“ (Quelle: Axel Herrmann, Kleine Hofer Stadtgeschichte)
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs begann in Hof, wie in ganz Deutschland, die Entnazifizierung, um die Gesellschaft von nationalsozialistischen Einflüssen zu befreien. Oberbürgermeister Dr. Oskar Weinauer bemühte sich, das öffentliche Leben wieder in Gang zu bringen und erste Entnazifizierungsmaßnahmen durchzuführen. Dazu mussten alle Hofer über 18 Jahre einen Fragebogen ausfüllen, in dem sie ihre Mitgliedschaften in NS-Organisationen sowie ihre beruflichen Tätigkeiten während des Dritten Reiches offenlegten. Es wurden, wie in anderen Teilen Bayerns, Spruchkammern eingerichtet, die als Laiengerichte fungierten und über die Einstufung und die damit verbundenen Konsequenzen entschieden.
Die Maßnahmen reichten von Entlassungen aus öffentlichen Ämtern bis hin zu Vermögenseinziehungen. Die Umsetzung der Entnazifizierung stieß jedoch auf verschiedene Herausforderungen, darunter die schiere Anzahl der zu überprüfenden Personen und die Schwierigkeit, individuelle Schuld angemessen zu bewerten. Trotz dieser Schwierigkeiten war die Entnazifizierung ein wichtiger Schritt für Hof, um die nationalsozialistische Vergangenheit aufzuarbeiten und den Weg für einen demokratischen Neuanfang zu ebnen.