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Digitales Rathaus

Offener Brief der Kita-Träger, Elternbeiräte und Stadt Hof an das Sozialministerium

Es geht um sofortige und nachhaltige finanzielle Unterstützung zur Sicherung der frühkindlichen Bildung in Hof.

Die Kindertagesstätten in Hof stehen vor großen Herausforderungen. Trotz des unermüdlichen Einsatzes der Fachkräfte und Träger geraten die Kitas an ihre Grenzen. In einem offenen Brief wenden sich die Kita-Träger gemeinsam mit den Elternbeiräten und der Stadt Hof an das Bayerische Sozialministerium und die politischen Vertreterinnen und Vertreter vor Ort. Es geht um sofortige und nachhaltige finanzielle Unterstützung zur Sicherung der frühkindlichen Bildung in Hof.„Die Träger haben die Initiative gestartet und die Stadt Hof steht hier selbstverständlich an ihrer Seite. Unsere Kitas legen den Grundstein für Sprache, soziales Lernen und Integration, was wir hier besonders wegen unserer Sozialstruktur brauchen. Wir gehen nun gemeinsam auf das Ministerium zu und fordern konkrete Lösungen“, sagt Oberbürgermeisterin Eva Döhla.

Herausforderungen bei Finanzierung

Die staatliche Finanzierung nach dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz, kurz BayKiBiG, reicht nicht aus, um die steigenden Kosten für Personal und Sachmittel zu decken. Der Anteil, der durch die Träger zu leisten ist (ca.35%), stieg in den vergangenen Jahren stark an. Auch der kommunale Anteil an der Finanzierung ist gestiegen, da der Bedarf an Plätzen in den letzten Jahren deutlich größer wurde. Die Stadt Hof befindet sich in der Haushaltskonsolidierung, der städtische Haushalt steht alljährlich unter keinem guten Stern. Eine der größten Herausforderungen liegt dabei im Etat für die Sozial- und Jugendhilfe der Stadt, der in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Dementsprechend muss die Stadt Hof freiwillige Leistungen reduzieren, um die Auflagen der Regierung zu erfüllen. In diesen Bereich fallen auch potenzielle Defizitverträge mit den Trägern der Kindertagesstätten, die deswegen nicht abgeschlossen werden können. Angesichts der schwierigen Haushaltslage könnten aber auch keine Mittel zur Verfügung gestellt werden.

 

Sozialstruktur in Hof erfordert besondere Maßnahmen

Die Kindertagesstätten stehen angesichts der Sozialstruktur in der Stadt Hof vor besonderen Herausforderungen. So sind in den vergangenen Jahren viele Menschen mit Fluchtbiografie nach Hof gekommen (Erfüllungsquoten liegen bundesweit an der Spitze). Gleichzeitig ist das durchschnittliche verfügbare Haushaltseinkommen das niedrigste in Bayern. Bei der Arbeitslosenquote, dem Schuldnerquotienten und der Quote der Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss liegt die Stadt Hof deutlich über dem bayerischen Durchschnitt. Gleiches gilt für den Anteil der Menschen in Grundsicherung und der unter 15-Jährigen, die SGB II-Leistungen beziehen. Daraus folgt eine Kinderarmutsquote von rund 25 %. Auch damit liegt die Stadt Hof an der Spitze in Bayern (2023: 13,4 %). Die Kitas sind hier essenziell für eine erfolgreiche Integration und Sprachförderung.

 

Fachkräftemangel

Fehlende Fachkräfte, aufgrund mangelnder Finanzierbarkeit, führen zu häufigen Notbetreuungen, Teilschließungen und verkürzten Öffnungszeiten. Doch gerade Spracherziehung als Grundstein gelingender Integration benötigt entsprechendes Personal. Dies fällt besonders bei Kitas in Hof ins Gewicht, in denen der Anteil der nicht deutschsprachigen Kinder über 80 % liegt (Durchschnitt in der Stadt Hof: 40,3 %). Zudem steigt der Anteil von Kindern mit sozial-emotionalen Herausforderungen weiter an.

All das ist mit der Regelbesetzung nicht zu bewerkstelligen und führt zu Unzufriedenheit und Defiziten auf allen Seiten. Unter diesen Umständen kann die Integration von Kindern aus betroffenen Familien nicht gelingen, was zwangsläufig zu weiterer Segregation führen wird. Die Notwendigkeit weiterführender, teurer Schulprojekte und Unterstützungsleistungen der Jugendhilfe ist damit vorprogrammiert..

Aufgrund der hervorragenden Ausbildungssituation mit zwei Fachakademien in Stadt und Landkreis Hof ist die Region vom Fachkräftemangel weniger betroffen. Allerdings können Absolventinnen und Absolventen aus finanziellen Gründen von den Trägern nicht angestellt werden. Hinzu kommt, dass sich auch immer weniger Träger die Anstellung von (Berufs-)Praktikantinnen und Praktikanten leisten können. Das könnte dazu führen, dass Ausbildungsplätze an den Schulen reduziert werden und die Existenz der Schulen bedroht ist.

 

Mehrbelastung für Familien

Auch die Familien stehen unter einer großen Belastung, da die Elternbeiträge in den letzten Jahren gestiegen sind. Die Entwicklung des durchschnittlichen verfügbaren Einkommens der Hoferinnen und Hofer hält mit dieser Entwicklung nicht Schritt. Eine erneute Gebührenerhöhung könnte im Herbst 2025 noch zusätzlich auf die Eltern zukommen und einkommensschwächere Familien weiter belasten. Dies kann dazu führen, dass Kinder aus finanzschwachen Haushalten von der frühkindlichen Bildung ausgeschlossen werden. Die Eltern können aufgrund von mangelnder Kinderbetreuung dem Beruf womöglich nicht mehr nachgehen, was wiederum problematisch für den Arbeitsmarkt ist.

 

Gemeinsame Forderungen an das Ministerium

Die Kita-Träger, die Elternbeiräte und die Stadt Hof schlagen daher sieben Lösungsmöglichkeiten vor, die notwendig sind, um eine hochwertige Kinderbetreuung aufrechtzuerhalten.

  1. Kurzfristige Einführung eines Basiswertes Hochfranken (mindestens +25 % zusätzlich zu dem offiziellen Fördersatz von 65 %), der die Sondersituation in der Stadt Hof berücksichtigt und die Finanzierungslücken kurzfristig auffängt
  2. Mittelfristige Einführung einer Zusatzförderung von Kitas mit besonderem Bedarf (vgl. Programm der ‚Perspektiv-Kitas‘ in Schleswig-Holstein) z.B. unter Berücksichtigung eines Sozialindex in der Kita-Förderung (vgl. Startchancen-Programm für Schulen), der die Rahmenbedingungen einzelner Kitas und in den Kommunen stärker berücksichtigt
  3. Überprüfung der Gewichtungsfaktoren zur nachhaltigen Verbesserung der Finanzierung gerade im Hinblick auf Integration und Sprache
  4. Finanzielle Förderung der Ausbildung und Kampagnen zur Anwerbung von Fachkräften im Bereich der frühkindlichen Bildung ohne Reduzierung der Ausbildungsqualität, zusätzliche Unterstützung der Fort- und Weiterbildung des vorhandenen Fachpersonals, finanzielle Berücksichtigung von Praktikantinnen und Praktikanten in unseren Einrichtungen
  5. Weiterführung, Ausbau und Verstetigung der Angebote der Sprach-Kitas über das Jahr 2025 hinaus sowie ein Ausbau der Förderung für den „Vorkurs Deutsch“
  6. Verstetigte Förderung von Angeboten der Elternarbeit zur Stärkung des gesamten Familiensystems
  7. Nachhaltige Sicherung des ‚Kita-Einstiegs‘ nach Beendigung des Bundesförderprogramms ohne weiter steigende Belastung der kommunalen Haushalte

 

Der Brief wurde von Vertreterinnen und Vertretern des BRK-Kreisverbands Hof, dem CJD Verbund Bayern, der Diakonie Hochfranken, der Katholischen Gesamtkirchengemeinde Hofer Land, der Gesamtkirchenverwaltung Hof Interessensvertretung der Evang. Luth. KiTa-Träger im Stadtgebiet Hof, dem Kinderschutzbund OV Hof e.V., der Lebenshilfe Hof, dem Arbeits- und Förderverein Waldorfpädagogik Hof e.V., Elternbeiräten und der Stadt Hof unterzeichnet und wird an das Bayerische Sozialministerium sowie politische Vertreterinnen und Vertreter gesendet.

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